Nach vielen tausend Arbeitszeugnissen, die durch meine Hände gegangen sind, würde ich sagen: nur in den allerwenigsten Fällen. Warum?
Die Mehrheit aller Fehler passiert tatsächlich ohne böse Absicht. Sprich, der Zeugnisaussteller ist sich der Schnitzer oft gar nicht bewusst, die er ins Zeugnis „eingebaut“ hat. So war zum Beispiel lange Zeit der Geburtsort üblicher Bestandteil eines Zeugnisses – heute kann eine solche Erwähnung als diskriminierend angesehen werden und muss auf Wunsch des Arbeitnehmers entfernt werden. In diesem Fall reicht ein klar begründeter Hinweis, um den Aussteller davon zu überzeugen, hier eine Änderung vorzunehmen. (Bei hartnäckigen Fällen hilft auch ein Begleitschreiben an den Arbeitgeber von der Agentur für Arbeitszeugnisse.)
In der Regel sind die Empfänger*innen allerdings mit der Note unzufrieden, die sie bekommen haben. Und hier wird es tricky: Denn erst ab der Note 4 oder schlechter ist der Arbeitgeber in der Beweislast, dass so schlecht gearbeitet wurde – und der/die Zeugnisempfänger*in in einer vielversprechenden Position.
Im Umkehrschluss heißt das aber, dass alles, was der Note 3 oder besser entspricht, im Ermessen des Ausstellers liegt. Die Möglichkeiten, dagegen vorzugehen und eine bessere Note zu verlangen, sind äußerst bescheiden. Denn der Arbeitgeber soll ja seinen Spielraum bei der Beurteilung nutzen dürfen, ohne dass ihm gleich rechtliche Konsequenzen drohen. In diesem Fall funktioniert nur: diplomatisch vorgehen. Das Zeugnis genau aufschlüsseln und – wenn möglich mit Belegen – um ganz konkrete Änderungen bitten. Mit einem Anwalt ins Haus zu fallen, ist da selten eine gute Lösung.