Soll „Ehrlichkeit“ im Arbeitszeugnis erwähnt werden?

Geldscheine in der Hosentasche
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In den Zeiten des Gesinde-Dienstbuches wurde auf Tugenden wie Fleiß, Treue, Gehorsam, sittliches Betragen, Pünktlichkeit und Ehrlichkeit eingegangen. Ohne eine positive Bestätigung dieser war die Suche nach einer neuen Arbeitsstelle so gut wie aussichtslos. Das Arbeitszeugnis, wie wir es heute kennen, geht weit darüber hinaus. Gleichzeitig sollte man bei Tugenden wie Ehrlichkeit besonders vorsichtig sein, denn eine solche Erwähnung kann schnell in die Kategorie „Betonung von Selbstverständlichem“ fallen – und dem Zeugnisempfänger damit schaden. 

Das Landesarbeitsgericht Hamm entschied dazu in einem Urteil: „Bei gewissen Arbeitnehmern (z.B. Handlungsgehilfen, Kassierern, Laden- und Fahrverkäufern, Auslieferungsfahrern, Filialleitern, Außendienstmitarbeitern, Hotelpersonal, Hausgehilfinnen) kann regelmäßig die besondere Erwähnung der Ehrlichkeit gefordert werden, und zwar dann, wenn branchenüblich davon ausgegangen wird, dass beim Fehlen des Wortes Zweifel an der Ehrlichkeit des Arbeitnehmers bestehen und wenn keine Tatsachen vorliegen, die gegen ein ehrliches Verhalten sprechen.“ 

Bei allen anderen Arbeitnehmern (also den meisten) fällt das Attribut „ehrlich“ unter die Kategorie „Betonung von Selbstverständlichem“ und wird deshalb vom Leser negativ ausgelegt werden – je anspruchsvoller die Position, desto merkwürdiger wird einem die Bescheinigung dieser Tugend erscheinen. Man halte sich nur ein Beispiel vor Augen, bei dem ein leitender Wissenschaftler „Ehrlichkeit“ attestiert bekäme – der Leser würde sofort über diese ungewöhnliche Auskunft stolpern und misstrauisch werden.

Dasselbe gilt auch für die übrigen oben zitierten Tugenden wie z.B. Fleiß. Wer Pünktlichkeit bescheinigt bekommt, lässt damit beim Leser alle Alarmglocken schrillen. Denn entweder gibt es nichts anderes Positives über den/die Arbeitnehmer*in zu berichten – oder das Problem lag genau hierin, auf das der Leser mit der Nase gestoßen werden soll.